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MenschenWürdiges Gedenken. Grabsteine aus verantwortlicher Herstellung. Zum Stand der Diskussion in Baden-Württemberg

„Wege aus der Sackgasse“ wollten der Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB) und die Werkstatt Ökonomie mit ihrem gemeinsamen Projekt zu Grabsteinen aus verantwortlicher Herstellung aufzeigen. Hintergrund waren die ersten Urteile gegen Kommunen, die auf der Grundlage des § 15,3 des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes vom Juni 2012 in ihren Friedhofssatzungen ein Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit verankert hatten. Die Verunsicherung vieler Kommunen, die ausbeuterische Kinderarbeit nicht nur bei ihrer Beschaffung, sondern auch mit Hilfe der Regelung in ihren Friedhofssatzungen ausschließen wollten, war der Anstoß zu unserem Workshop „Grabsteine ohne Kinderarbeit: Wege aus der Sackgasse“ im Juli 2015. Zwei Fragerichtungen standen dabei auf der Tagesordnung:

  1. Welche rechtlichen Regelungen, vor allem auf der Landesebene, sind nötig?
  2. Was können Kommunen tun, um ihr Anliegen ohne ein förmliches Verbot voranzubringen?

Markus Krajewski, Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, wies darauf hin, dass eine Ermächtigung des Landes an kommunale Satzungsgeber, ein Verbot für Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit in ihren Friedhofssatzungen zu verankern, seiner Meinung nach nur dann rechtlich haltbar ist, wenn der parlamentarische Gesetzgeber auch klare Kriterien dafür benennt, welche Anforderungen an die Nachweise zu stellen sind, mit denen der Ausschluss ausbeuterischer Kinderarbeit belegt werden muss. Insofern hielt er eine Änderung des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes für unerlässlich.

Andreas Dohrn wiederum, Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde St. Petri in Leipzig, stellte sehr anschaulich die Arbeit der Leipziger Steuerungsgruppe „Faire Grabsteine“ vor, in der die Stadt Leipzig, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften und Handwerker zusammenarbeiten. Er schlug einige sehr konkrete Maßnahmen vor, die in Leipzig auf der Grundlage einer gemeinsamen Analyse der Menschenrechtsverletzungen in indischen und chinesischen Steinbrüchen umgesetzt wurden.

Beide Fragestellungen haben DEAB und Werkstatt Ökonomie im weiteren Projektverlauf weiter verfolgt:

Vielversprechend war auf der rechtlichen Ebene eine fraktionsübergreifende Gesetzesinitiative im baden-württembergischen Landtag zur Änderung des Bestattungsgesetzes, die von uns inhaltlich begleitet wurde. Leider ist sie wegen rechtlicher Bedenken zweier Ministerien gescheitert. Auf den Verlauf der Debatte und den Stand der Dinge gehen wir kurz im Kapitel „Kommunale Verbote von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit“ ein.

Für die Sensibilisierung von Hinterbliebenen, aber auch von Menschen, die nicht unmittelbar mit einem Todesfall in ihrer Familie betroffen sind, haben wir – unterstützt vom Landesinnungsverband Steinmetz- und Setinbildhauerhandwerk Baden-Württemberg – Informationsmaterialien erstellt, die vor allem über die Friedhofsverwaltungen und die Steinmetze verteilt werden sollen. In der Diskussion mit den Steinmetzen wurde deutlich, wie heterogen die Branche und damit die Interessen ihrer Mitglieder inzwischen sind. Umso bemerkenswerter ist es, dass der Landesinnungsverband mit der Unterstützung der Materialien klar Position bezogen hat.

Über die Erfahrungen mit solchen Sensibilisierungsansätzen finden Sie in dieser Broschüre Beiträge aus Stuttgart und Karlsruhe. Außerdem stellen wir kurz andere Instrumente vor, die dazu beitragen können, Menschen für Grabsteine ohne Kinder- und Sklavenarbeit zu sensibilisieren.

Wir wünschen uns, dass die Broschüre dazu beiträgt, die Debatte in den Kommunen voranzubringen. Insbesondere hoffen wir, dass mit einer neuen Gesetzesinitiative bald eine tragfähige rechtliche Grundlage für kommunale Verbote von Grabmalen aus Kinder- und Sklavenarbeit geschaffen wird. Die Landesregierung sollte den Kommunen die Möglichkeit geben, ihre menschenrechtliche Verantwortung so gut es eben geht wahrzunehmen, und ihren Beitrag dazu nicht auf die lange Bank schieben.