TTIP: DEAB unterstützt Forderung nach Streichung der „regulatorischen Zusammenarbeit“

Zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter der DEAB, kritisieren, dass die im Rahmen des TTIP geplante regulatorische Zusammenarbeit eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Es handelt sich dabei um den Versuch, die Interessen von Großkonzernen vor die der BürgerInnen, ArbeitnehmerInnen und der Umwelt zu stellen. Im Folgenden die Stellungnahme im Wortlaut und zum Download:

Februar 2015 – Stellungnahme zivilgesellschaftlicher Organisationen zu regulatorischer Zusammenarbeit in TTIP

Wir, die Unterzeichner dieser Stellungnahme, bringen hiermit unsere große Besorgnis darüber zum Ausdruck, wie im TTIP-Freihandelsabkommen zentrale Regulierungen sensibler Bereiche, wie chemische Produkte, Lebensmittelstandards, öffentliche Dienstleistungen, Arbeitssicherheit oder die Regulierung der Finanzmärkte behandelt werden.

Die EU-Verhandlungsführer haben bei zahlreichen Gelegenheiten betont, dass TTIP unsere Regulierungen und Standards nicht bedroht.

Das neu „geleakte“ EU-Verhandlungsdokument zu regulatorischer Zusammenarbeit in TTIP spricht allerdings eine andere Sprache und bestärkt unsere Vorbehalte. Der Vorschlag der EU-Kommission hat ein System zur Folge, das Regulierungen erschwert, da sie stets handels- und investitionskonform sein müssen. Auch der Einfluss von Unternehmenslobbyisten würde mit diesem Vorschlag noch weiter gestärkt. Dies wiederum erschwert künftige Regulierungsmaßnahmen. Zudem bekäme eine kleine Anzahl von nicht gewählten Beamten Einfluss und Macht über Regulierungsvorhaben, lange bevor Parlamente sie zu Gesicht bekommen. Das gefährdet unsere Demokratie.

Die Europäische Kommission spricht sich für eine stärkere Harmonisierung von Regulierungen zwischen Europa und den USA und wettbewerbsfördernde Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Handel aus. Eine Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments von 2014 kommt allerdings zu dem Ergebnis, dass stärkere Harmonisierung im Rahmen von TTIP zu sinkenden Standards führen könnte.

Der EU-Verhandlungstext sieht vor, dass jeder neue handelspolitisch relevante Gesetzesentwurf durch Fakten oder wissenschaftliche Belege gerechtfertigt werden muss, wenn Unternehmenslobbyisten oder Regierungen dies einfordern. Außerdem beinhaltet der Vorschlag die Forderung der Industrie nach einem Gremium für regulatorische Zusammenarbeit. Damit entstünde ein Frühwarnsystem mit Möglichkeiten der Einflussnahme bei neuen Gesetzesinitiativen.

Ferner sieht der Vorschlag der EU-Kommission vor, dass Unternehmen aus den USA und Europa einen deutlich größeren Einfluss auf die Gesetzgebung in Brüssel, in den europäischen Hauptstädten, in Washington und in den US-Staaten nehmen als bisher. Dem Anschein nach hat die Europäische Kommission in vielen Punkten dem Druck der Unternehmenslobby nachgegeben, sie an Gesetzen mitschreiben zu lassen.

Der Vorschlag der Kommission für regulatorische Zusammenarbeit beinhaltet die Gefahr, Standards kurz- und langfristig auf beiden Seiten des Atlantiks zu senken. Das betrifft auch Standards der EU-Mitgliedsstaaten und der US-Staaten. Der Handlungsspielraum für demokratische Entscheidungen wird durch die Stärkung des Unternehmenseinflusses massiv eingeschränkt.

Beispielsweise zeigt eine Studie von CIEL, einer internationalen Organisation für Umweltrecht, vom Januar 2015, dass durch regulatorische Zusammenarbeit in TTIP eine Verbesserung des Schutzes vor giftigen Chemikalien und Pestiziden verzögert bzw. blockiert werden kann.

Regulatorische Zusammenarbeit könnte außerdem einen Angriff auf das Vorsorgeprinzip darstellen. Sie öffnet langsam aber sicher die Türen dafür, genetisch veränderte Organismen, Nanopartikel und endokrine Disruptoren auf den Markt zu bringen.

Deshalb fordern wir die Verhandlungsführer auf beiden Seiten dazu auf, regulatorische Zusammenarbeit aus den TTIP-Verhandlungen zu streichen.